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Hannah Arendt: Wir Flüchtlinge. Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, 2016, 64 Seiten. Mit einem Essay von Thomas Meyer [Was bedeutet das alles?] 

1943 veröffentliche Arendt den Essay „We refugees“ im Menorah Journal. In diesem thematisiert sie die Situation von Flüchtlingen und verdeutlicht das Selbstbewusstsein und Selbstverständnis von Menschen mit Fluchterfahrungen. Der Text wurde 1986 ins Deutsche übersetzt. 

Hannah Arendt (1906-1975) studierte Philosophie bei Heidegger, Jaspers und Husserl, emigrierte 1933 nach Frankreich und floh 1941 in die USA. Von 1937 bis 1951 war sie staatenlos.

Dr. Thomas Meyer ist Professor am Lehrstuhl für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 

 

Hannah Arendt setzt in ihrem Essay mit den Worten an: „Vor allem mögen wir es nicht, wenn man uns ‚Flüchtlinge‘ nennt. Wir selbst bezeichnen uns als ‚Neuankömmlinge‘ oder als ‚Einwanderer‘.“ Arendt verweist damit zum einen auf den Paradigmenwechsel in Bezug auf den Begriff des Flüchtlings, der sich im Zuge des Nationalsozialismus vollzog und zum anderen zeigt es auch den Wunsch auf, ein integrierter Mensch zu sein.  Die Juden waren nicht aufgrund von politischen Anschauungen oder Taten gezwungen das Land zu verlassen, sondern aufgrund ihrer völkischen Nicht-Zugehörigkeit, dem sie mit einem notwendigen Optimismus begegnen. Sie schreibt über den Optimismus, den Flüchtlinge  brauchen, um eine neue Existenz aufzubauen. Sie nennt ihn einen „ungesunden Optimismus“, zu dem viel gehört: die Akzeptanz der Tatsache viel verloren zu haben, die Fähigkeit des Vergessens, der Vertrauensverlust und vor allem ein staatenloser Flüchtling ohne Rechte zu sein. „Wir haben unser Zuhause und damit die Vertrautheit des Alltags verloren. […] Wir haben unsere Sprache verloren und mit ihr die Natürlichkeit unserer Reaktion, die Einfachheit unserer Gebärden und den ungezwungenen Ausdruck unserer Gefühle.“ Und so kommt es, dass der Optimismus „Tür an Tür mit der Verzweiflung wohnt“. 

Thomas Meyers Essay „Es bedeutet den Zusammenbruch unserer Welt“ greift die Gedanken von Arendt auf und setzt sie in Bezug auf die heutige Situation. Auch wenn er sich konkret auf die Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan bezieht, ist sein Essay nicht weniger relevant für die Flüchtlinge aus der Ukraine oder aus dem Jemen.

Dieses kleine Buch gibt sehr viele Denkanregungen und sollte unbedingt in die Lehrpläne unserer Schulen aufgenommen werden.
Die Zahl der Flüchtlinge hat sich seit 1943 weiter erhöht. Der Text ist also schon 79 Jahre alt und hat an Aktualität nichts verloren. Ein jeder bekommt hier die Chance zu reflektieren, wie wir Menschen miteinander umgehen. Es lässt sich ohne Zweifel sagen: Das Buch hat es in sich.

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